Meine Erfahrung mit Sandboden im Aquarium

Aufbau des Aquariums

Angesteckt von der neuen Mode, die vor ca. 1 Jahr aufkam und die begeisterten Berichte von üppigem Pflanzenwuchs setzte ich ein neues 112l-Aquarium mal mit Sand statt Kies an. Rest wie gehabt, 2 Leuchtstoffröhren mit Warmton/Daylight zu je 18W mit Reflektoren, einen Eh-Eimer mit zunächst Originalfüllung: Kohlevlies, blauer Schaumstoff, Fein-Matte, ca. 5% Volumen des AQs, Durchfluss 80-100l/Stunde. Die Sandschicht im Aquarium ist ca. 8 cm hoch.

Nebel des Grauens :-)

Der braune Sand stammte vom Baumarkt nannte sich Drainage-Sand, Körnung 2mm und kleiner und enthielt Lehm. Er wurde erst mal ganz blauäugig ins AQ gekippt, Wasser drauf, bis das AQ halbvoll war, und dann gab es den berüchtigten Nebel des Grauens mit Schaumbildung. Man ist ja nicht faul, also wurde das Schlamm-Wasser wieder abgelassen, nächste Wasserladung rein, Filter angeworfen und erst mal Dichtetest.

Der nächste Morgen zeigte, es war alles dicht, aber der Nebel war immer noch da. Man hat ja Zeit, soll der Filter doch damit fertigwerden. Nach 1 Woche hatte er es dann auch so weit geschafft, dass man im Aquarium was sah, und die Steinaufbauten und das Wurzelholz plazieren konnte. Das AQ lief noch dann eine weitere Woche so vor sich hin, das Wasser wurde klarer, der Filter dicht.
Ist ja nun kein Wunder, er musste Schwerstarbeit leisten. Da ich nichts von Kohlefilterung halte, und nun die ersten Lebewesen ins Becken sollten, Filterbakterien und Pflanzen, Überschüsse aus dem Haupt-Aquarium, flog der Kohleschluffen raus.

Einbringen organischer Materialien

Das Einsetzen der Pflanzen war in dem Sand ein Kinderspiel, sie saßen fast sofort fest. Mit den Bakterien hatte ich weniger Glück, das alte AQ, damals 6 Monate Standzeit, gab noch nicht genug her. Also sollten sie, bevor Fische ins AQ kamen, erst mal angefüttert werden.
Am 3. Tag begann das AQ seltsam zu riechen. Eigentlich sagt mir ein leicht sumpfiger Geruch, dass alles ok ist. Dieser verschwand, und ein müffelnder Geruch machte sich breit. Man hätte die Futtermenge reduzieren müssen, aber Theorie und Praxis! Just in dem Augenblick machte mein Stammhändler dicht, und die Schwertträger, die eigentlich für ihn gedacht waren, mussten ins frische Sand-AQ, dass gerade seinen Nitrit-Peak hinter sich hatte (0.2mg/l Höchstwert). Da das Kies-AQ solche Attacken auch schon nach 3 Wochen immer gut überstanden hatte und das Sand-AQ jetzt 6 Wochen lief, kamen 10 halbstarke Fische, die Platz machen mussten für ein paar Skalare, ins AQ.

Überlastung der Selbstreinigung durch zuwenig Biosphäre

Die blaugrünen Flecken auf dem Sand beunruhigten mich erst mal nicht, die waren zeitgleich nach dem Pflanzeneintrag auch im Kies-AQ aufgetreten, im Kies verschwunden, und trugen zur Bodenbelebung bei.
Lektion 1: ein Sand-AQ ist kein Kies-AQ!
Statt im Kies oder sonstwo zu verschwinden wurden die Flecken größer! Schnell ein paar Messwerte genommen, Nitrit nicht nachweisbar, ca. 5-8mg/l Nitrat, 12mg/l CO2, doch eigentlich alles Super-Werte! Und doch war es der Beginn einer Blaualgenpest, die Viecher wuchsen schneller, als man sie entfernen konnte. Obendrein setzte sich immer noch der Filter jede Woche zu. Um die Pflanzen zu retten, war jetzt die 1-wöchige Dunkelkur mit Belüftung dran. Gleichzeitig flog alles bis auf eine Schaumstoffmatte aus dem Filter und wurde durch Watte ersetzt, nochmal aus dem alten AQ angeimpft, danach war Ruhe, und der Filter lief ab jetzt störungsfrei durch.

Danach waren die Blaualgen zwar besiegt, aber ihren Platz nahmen Faden- und Knäuelalgen ein, die über Pflanzen und Steine marschierten und sich in Altblättern niederließen, ebenfalls alles Genossen, die im anderen AQ sang- und klanglos in den Kies marschierten und dort eigentlich mit zur Stabilität beitrugen.
Die oberste Zone des Sandes sowie der Filtereinlauf war jedoch permanent mit Grünalgen zugewachsen. Ja, der Pflanzenwuchs war ok, besonders der der Vallisnerien. Bacopa und die lichtbedürftigen Hygrophilas gingen mir ein, was Halbschatten vertrug, wucherte.
Das war dann so die Zeit, als ich die Warmtonröhre gegen die alte Gro-Lux tauschte, was der Rotala das Leben rettete, die unter Fadenalgen zu ersticken drohte.

Versuch, die Biosphäre zu vergrößern

Der Sand sah ab 1-2 cm immer noch sehr unbelebt aus, so dass ich Turmdeckler zum Gärtnern einsetzte. Und so langsam nahmen die Algen ab, die bisher haarnadeldünne Mulmschicht verbreiterte sich, und nach 4 Monaten Turmdeckleraktivität ist das Aq vorzeigbar. Gleichzeitig ist die "Bioschicht" auf ca. 5cm angewachsen.
belebter Sandboden nach ca. 1 Jahr

Fazit:

Sand-AQ nach 1 Jahr Obwohl die Pflanzen, die sich umgewöhnen konnten, kräftig wuchern, ist Sandboden allein nicht das Gelbe vom Ei. Hier fällt eine komplette Lebenszone aus, die neben Mulm jede Menge Algen und Kleintiere wie Schnecken, Würmchen, bis 1 Woche alte Jungfische), sogar einige Javamoosranken enthält. Einen Eindruck erhielt ich, als das Kies-AQ leckte und umgeräumt werden musste: beim Entfernen trieben dichte, braun-grüne Wolken im Wasser, alles das Gemüse, was mir im Sand-AQ das Leben schwermachte, indem es einfach obenauf liegenblieb oder sich an die Pflanzen klebte. Wie das obige Bild zeigt, ist trotzdem Leben im Sand möglich, dazu braucht man einen gnadenlos optimierten Filter, Turmdeckelschnecken und Zeit.

Was also tun?

Beim genauen Hinsehen bestehen hier die Bach-Böden aus Kies, Sand und Lehm von oben nach unten gesehen. Also machte ich's beim nächstenmal genauso.
Im neuen 280er AQ habe ich auf einer 4 cm dicken Lehm/Sandschicht eine genauso dicke Kiesschicht aufgebracht. In dieser tobt jetzt nach 3 Monaten das grüne Leben und etliche Wurzeln. In der Sandschicht haben sich die Zonen gebildet, die die Mineralien verfügbar machen, und die Pflanzen wachsen recht ordentlich.
Da ein Kies-Sandgemisch laut Experten aber zur Verdichtung neigt, sollte nur derjenige dieses Experiment nachmachen, der weiss, was er tut.
Für den Normal-Aquarianer mit Normal-Aquariensets empfehle ich weiterhin Kies zusammen mit einer regelmäßen Düngung mit Mineral-Tabletten direkt an die Wurzeln, wenn nicht die Fische nach Sand verlangen.